Zypern 2013

Die berechtigte Frage nach der Herkunft ausländischer Milliarden auf zypriotischen Konten mal außer Acht gelassen: nun ist es soweit. Der Staat, oder vielmehr die vereinigten Staaten, greift erstmalig in der neueren Geschichte auch dem sprichwörtlichen „kleinen Sparer“ tief in die Taschen und nimmt sich heraus, was er nach eigenen Angaben so braucht, um weiter über die Runden zu kommen.

Man kann es wohlwollend als solidarischen Beitrag der Vielen zum Wohle der noch Vieleren bezeichnen, denn der Zusammenbruch eines ganzen Staates (gemeint ist damit wieder einmal: eines nationalen Finanzsystems) nützt ja wohl niemandem. Außer natürlich jenen Branchen, denen er eben doch nützt.

Man kann es aber auch anders betrachten: Vater Staat (ich habe noch nie ein Gender Mainstreaming-Seminar besucht und weiß es daher nicht besser) hat kläglich versagt und das Wahlvieh soll die Zeche bezahlen. Zugespitzt: ein paar gutgestellte Einzelpersonen haben zu viel Geld ausgegeben und alle anderen sollen ihnen dafür etwas von ihrem abgeben, damit die Party weitergehen kann.
Das Herausragende an der Geschichte ist für mich aber nicht die Frage, ob diese Vorgangsweise nun korrekt ist – ethisch und moralisch vertretbar, demokratisch legitimiert und rechtlich haltbar. Das ist eigentlich völlig irrelevant, denn erstens werden die Regeln von Regierungen und dem Finanzsektor faktisch für sich selbst aufgestellt – und diese Branchen leben einfach nicht in erster Linie von Ethik und Moral. Zweitens würde man sich das Geld so oder so holen. Einfach die Bankomaten abzuschalten und alle Banken zu schließen, damit die Menschen ihr Geld nicht in „Sicherheit“ bringen können, ist natürlich eher plump. Zumindest etwas unauffälliger und sicher nachhaltiger wäre es, sämtliche Alltagsgüter kräftig zu verteuern und somit wirklich jedem Bürger ein paar Kreuzer abzuluchsen; nicht nur jenen, die ein paar Tausender auf der hohen Kante haben. So oder so, der Staat nimmt sich was er haben mag. Keine neue Erkenntnis und ganz bestimmt keine Sensation.

Diese Episode der europäischen Geschichte zeigt aber sehr deutlich einen anderen, viel wesentlicheren Faktor auf: den grenzenlosen Glauben an das Geld. Das einzige, was einem Bündel dreckiger Papierfetzerl einen gewissen Wert verleiht, ist der unerschütterliche Glaube daran. Unser ganzes aufgeblähtes Wirtschaftssystem, die gewaltigen Summen mit den im Hintergrund mitvibrierenden, x-fach virtualisierten, noch viel gewaltigeren Summen basiert ausschließlich auf fanatischem Glauben an dieses System. Millionen Menschen definieren ihren Lebenserfolg über eine virtuelle Zahl, die nach ihrem Tod auf irgendeinem Sparkonto möglichst viele Nullen haben soll. Ob mit dieser Zahl irgendein real auf der Erde existierender oder je existiert habender Wert verknüpft ist? Wurscht. Nun ist Glaube ja eine ganz nette Sache, wenn man Dschihadist ist, oder neuer und verbesserter Papst, oder Lichtesser oder ähnliches. Aber als über Gedeih und Verderb entscheidende Grundlage für alles Leben auf unserem Planeten? Schon der Volksmund sagt: „glauben heißt nix wissen.“ Dieses lächerliche Spiel hat zwar hunderte Millionen verbissener Mitspieler. Das macht es aber nicht weniger lächerlich.

Ein Gedanke zu „Zypern 2013“

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